PDF Download: Rollenspielerinnerungen
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Rollenspiel Erinnerungen
Nachdem ich schon in diversen Posts unverblümt darauf hingewiesen habe wie lange ich schon spiele, habe ich gedacht, ich erzähle einfach mal die ganze Geschichte.
Also, ich, Peter Kreft, seit über 40 Jahren Rollenspieler, greife jetzt einfach mal gaaanz tief in die Erinnerungskiste und erzähle wie es damals war, damals, 1978 als alles anfing.
Meine erste Annäherung an Fantasy Spiele war damals “Verliess” von Parker (eine geklaute Kopie von TSR’s DUNGEON!, TSR war damals noch so klein das sie sich einen Rechtsstreit mit einem Giganten wie Parker einfach nicht leisten konnten – witziger weise gehören heute beide Unternehmen zu Hasbro).
Überhaupt war Fantasy damals etwas was es gar nicht gab. Niemand, ob Buchhändler oder sonst wer konnte mit diesem Begriff etwas anfangen. Es gab zwar den “Herr der Ringe”, schon damals sauteuer, und nur von Klett-Kotta erhältlich (ich musste mir extra Geld von einem Freund leihen um mir den grausigen grünen Schuber leisten zu können) aber das war Literatur, außerdem gab es ein paar Conan und einige Antiquitäten bei Heyne (d.h. Autoren deren Copyright abgelaufen war) und die Fantasy Serie “Dragon” von Pabel-Moewig (Insidern auch als Hefterl-Schundig bekannt). Das war’s, mehr oder weniger (zu weniger gehörte die GOR Reihe bei Heyne). Fantasy war in 1978 etwas was einfach kaum jemand kannte. Soviel also zur glorreichen Fantasy Szene des Jahres 1978.
Mein allererster Kontakt in die damalige Spieler Szene war dann im Sommer 1978, als ich meinen ganzen Mut zusammen nahm und an eine Adresse aus den Leserkontakt Seiten von “Dragon” eine Bitte schickte, mir doch Infomaterial zuzusenden. Im Spätherbst kam dann tatsächlich eine Antwort, auf erlesenem Spiritus Karbon Umdruck, mit einer Adressenliste von Kontaktpersonen.
Als strategisch denkender, nahezu autofreier (mein Käfer, der fast so alt war wie ich, hatte eine Reichweite von 100W6 m bis zur nächsten Werkstatt) Mensch des Jahres 1978 maß ich denn erst mal mit Hilfe meines Diercke Schul Atlanten die Entfernung zur nächsten Adresse aus, wobei Köln knapp Marburg schlug, ein strategischer Fehler wie sich später herausstellte, weil alle aktiven Rollenspieler in Marburg saßen.
Im Januar 1979 kam dann eine Antwort von Ludger Fischer (einer der Teilnehmer am sagenhaften ersten Rollenspiel 1977/78) die mich zutiefst erschütterte. Nicht nur, das er wusste wovon ich faselte, er eröffnete mir eine ganz neue Welt von strategischen Spielen, von der ich nie auch nur zu Träumen gewagt hatte (den Brief habe ich heute noch).
Pfingsten 1979 war dann sozusagen meine Initiation, in Wuppertal, in der Linienstraße, dort fand der erst Spielecon auf deutschem Boden statt. Und, das muss ich sagen, das was dargeboten wurde wäre auch heute noch beachtlich. In einer alten Fabrikhalle standen mehrere umfunktionierte Tischtennisplatten auf denen diverse Szenarien für Schlachten aufgebaut waren, darunter OGRE, einige WRG (historisch, Wargames Research Group) und modern WW2 (damals noch pfui, pfui in Deutschland).
Mein Käfer schleppte mich mit Mühe und Not über die knapp 100 km bergischen Landes und ich lernte endlich Ludger persönlich kennen, den Menschen, den ich in den letzten Monaten mit Briefen bombardiert hatte, sowie mit Telefongesprächen, abends ab 22:00 weil es dann billiger wurde, mit einem Wählscheibentelefon wo nach jedem Besetztzeichen meine armer Zeigefinger erneut abgerieben wurde (nach einigen Wochen kann ich dann auf die Idee mit einem Bleistift zu wählen). Wahrhaft vorsintflutlich…
Teil Zwei
Pfingsten 1979 war für mich etwas ganz besonderes, weil ich damals viele Menschen kennenlernte, die mich teilweise bis heute noch begleiten.
Auf diesem Con (selbst das Wort war damals noch völlig unbekannt) waren viele Mitglieder des Drachenordens anwesend. Das mag jetzt sehr esoterisch klingen, aber es waren Mitglieder des Fantasy Clubs FOLLOW (Fellowship Of the Lords Of the Lands Of Wonder), eines Vereins der 1966 aus einer Bierlaune heraus im Rahmen des SFCD (Science Fiction Club Deutschland) gegründet wurde.
Diese “Drachen” waren zum größten Teil Teilnehmer am allerersten Rollenspiel in Deutschland, das Silvester 77/78 in Haintchen im Westerwald stattgefunden hatte, und sie spielten, als ich sie kennenlernte schon seit 15 Monaten eine Kampagne, mit dem Namen “Abenteuer in Ranabar”.
Damals waren wir vielleicht 30 Spieler in ganz Deutschland, und Spiele fanden meist am ganzen Wochenende, von Freitagabend bis Sonntagabend statt. Dazu reisten Leute aus ganz Deutschland an, was damals schon recht aufwändig sein konnte.
Die meisten dieser Spieler waren damals Studenten aus Marburg und Umgebung sowie einige aus NRW, wie z.B. ich aus Siegen, aber manche kamen aus Bayern oder Niedersachsen, so das der Weg schon ziemlich weit sein konnte, aber trotzdem fanden diese Spiele alle zwei Monate statt.
Dieter Steinseifer, der Mentor vieler Rollenspieler, und damals mit 38 Jahren, bei weitem der Älteste unter uns, nahm mich, wie viele Andere unter seine Fittiche, und es dauerte nur wenige Wochen, bis ich zu meinem ersten, richtigen Rollenspiel nach Marburg reiste. Unser damaliger Versammlungsort war das Hinterzimmer der Gaststätte cum Metzgerei Posingis in Cölbe bei Marburg. Wir teilten diese Gaststätte mit den Honoratioren der dörflichen Gemeinschaft einem PakMan Automaten und ca. 10.000 Fliegen. Zum PakMan später mehr.
So, bevor ich mich jetzt in Details hinein steigere ein paar Basics.
Das Rollenspiel, so wie wir es heute kennen, wurde 1977 von Josef Ochmann aus den USA mitgebracht, auf Deutsch übersetzt, und Sylvester 1977/78 von Mitgliedern von FOLLOW gespielt. Den Verein https://follow.de/wp/ gibt es heute noch, und schon damals war klar das so ein Rollenspielsystem perfekt für die Simulation der Kulturen auf der gemeinsamen Welt MAGIRA wäre.
Dieter und der Drachenclan stürzten sich also mit Inbrunst auf dieses neue Medium.
Als ich dazukam hatte sich schon einiges verändert. Während es noch in 1978 nahezu unmöglich war Rollenspielmaterial zu beziehen hatte sich inzwischen ein Händler etabliert.
Ingo Baschek’s Schwerter & Sterne wird heute niemand mehr etwas sagen, aber das daraus später Ingo Martin mit Hobby Versand, und noch später Hobby Products wurde, mag die eine oder andere Erinnerung auslösen. Das ist auch der Zeitpunkt um Josef Ochmann wieder zu erwähnen, das ist nämlich der Mensch der die meisten Zinnfiguren von Hobby Products erschaffen hat.
Teil Drei
Eine der Besonderheiten auf dem Con in Wuppertal, war eine kleine schwarze Box, mit einem roten Streifen und der Aufschrift “Traveller”, ein Spiel das mich mein ganzes Leben begleiten sollte, doch dazu später mehr.
Wenige Wochen nach Wuppertal zog es mich nach Marburg, zu meinem ersten, echten Rollenspiel. Damals waren wir, als gesetzestreue Deutsche, angelegen Regeln wie sie dastanden anzuwenden, schließlich musste sich der Autor des Regelwerks ja etwas dabei gedacht haben. Dass das nicht unbedingt der Fall war zeigte sich bald.
EPT (Empires of the Petal Throne) hat mächtige magische Gegenstände, die sogenannten Augen, kleine metallkugeln mit einem Knopf, die mit 1W100 Ladungen gefüllt sind. Da gab es das Auge der Wiederbelebung, das Auge der Wiederaufladung und das Auge das Wände zerschmettert. All diese tollen Dinge fanden sich leider allzu oft auf den Lootlisten, was Konsequenzen hatte.
Nun geht also eine Gruppe abenteuerlustiger Spieler in einen klassischen Dungeon (von Oberflächen Abenteuern hatte noch niemand etwas gehört), den der Spielleiter mühevoll ausgearbeitet hatte. Hinter uns fiel ein magisch geschütztes Fallgitter herab das erst geöffnet werden konnte wenn man den Schlüssel aus dem Zentrum des Dungeons geholt hatte.
Augen, wie schon erwähnt waren mächtig, in diesem Fall das Auge das Wände zerschmettert, mit dem die Felswand neben der super magischen Tür einfach weggeblasen wurde und das Abenteuer somit zu Beginn schon zu Ende war.
Wie schon erwähnt, wir hielten uns genau an die Regeln, und improvisiert wurde (noch) nicht. Interpretiert, ja, aber nicht geändert.
Spätestens nach diesem Abenteuer war also klar, das wir die Regeln ändern mussten (wir hatten dem armen Spielleiter zu Liebe den Dungeon dann doch noch durchgespielt, aber es hatte doch ein Geschmäckle…).
Zu ungefähr der gleichen Zeit kam die erste Ausgabe von Runequest auf den Markt, ein Spielsystem das die Welt des Rollenspiels für immer verändern sollte, und heute dank BRP (Basic Role Playing) wenig verändert weiter besteht.
RQ war für uns damals eine Offenbarung, weil das Regelsystem eine wirkliche Simulation (Abenteuer in Ranabar war ja zu allererst als Kultursimulation gedacht) nicht nur zuließ, sondern geradezu forderte. Regeln wie Treffer Lokalisation, Wunden an Körperteilen hatte es bis dahin ja nicht gegeben.
Mein persönliches Aha Erlebnis war der Angriff auf ein Banditencamp zu Pferd, wobei, dank der RQ Regeln, die Masse und Stärke des Pferdes den Schaden der Lanze multiplizierte, was einem zum ersten Mal das Gefühl gab, richtigen Kampf zu simulieren.
So fanden wir uns also im Jahre 1979 mit vielen neuen Ideen und dem Wunsch zur Veränderung, bereit eigene Regeln zu schreiben.
Teil 4
Wie schon erwähnt stammen sowohl “Midgard” als auch “Abenteuer in XXX” von diesem ursprünglichen EPT Regelwerk ab.
Wieso beide Systeme ganz unterschiedliche Regeln entwickelten hatten dann aber mehr vereinspolitische Gründe.
1978 hatte es in Follow, dem Fantasy Club, ziemlich heftigen Streit gegeben, was dazu führte das sich der Club praktisch aufspaltete. Die eine (neue) Gruppe entstand aus der “Abenteuer in Magira” Runde, wo aus EPT mit starkem Runequest Einflüssen Midgard entstand.
Die andere Schiene war “Abenteuer in Ranabar” das dann später durch die Abenteuerrunde in Umlauf gebracht wurde. Hier ein ausführlicher Artikel zu dieser ganzen Entwicklung:
http://www.tally-ho.de/magira/Abenteuerrunde.htm
Ich spielte weiterhin in beiden Kampagnen mit bis dann mit der “Not von Sepile” meine persönliche Schmerzgrenze erreicht und überschritten wurde.
Die “Not von Sepile” war in jeder Hinsicht gigantomanisch. Das Abenteuer, basierend auf den “7. Samurai” dauerte ca. 15 Monate, d.h. geschätzt über 300 Stunden reine Spielzeit (alle 1-2 Monate ein Wochenende). Bis zu 15 Spieler (gleichzeitig), nahezu 100 ausgearbeitete NSC (jeder Dorfbewohner und jeder Räuber war akribisch ausgearbeitet).
Im Effekt führte das dazu das ca. 12 Leute, draußen in der Kneipe am Donkey Kong High Scores jagten, während der Spielleiter (SL) und sein Igor (ich habe Intelligenz 100, was seh ich) drinnen mit dem jeweils handelnden Spieler agierten. Das sah dann ungefähr so aus:
Tür zum Hinterzimmer geht auf, Igor in der Tür.
“Peter, du bist dran”. Nachdem wir geklärt hatten welcher von den drei anwesenden Peter gemeint war, ging man also ins Hinterzimmer wo auf einer riesigen Spielplatte Dutzende von Figuren standen. Ein kurzer Blick genügte um festzustellen das sich in den letzten 20 Minuten, seit man zum letzten Mal dran war, nichts wirklich bewegt hatte, und die Frage des SL: “Was machst du?” aus purer Boshaftigkeit mit der Gegenfrage “Was ist denn passiert?” beantwortet.
Während also von draußen Gejohle um den Donkey Kong ertönt, wählt man drinnen einen Gegner aus.
“Ich schieß mit meinem Bogen auf den da.”, zeigt auf Figur.
SL hebt Figur an, auf dem Boden ist eine Nummer aufgeklebt. SL murmelt “37” der ist in Ordner 4. Hebt Ordner aus Kiste mit vielen anderen Ordnern. Blättert, “Ah da isser, würfel mal”. 12. Nicht getroffen. SL “Rufst du bitte den nächsten rein?
Der geneigte Leser mag sich vorstellen, dass nach so einem Wochenende Geduld und Geldbeutel (Donkey Kong ist teuer) geleert waren, und sich die Vorfreude auf den nächsten Event in engen Grenzen hielt. Zitat Igor: Wir sind ja schließlich nicht zum Vergnügen hier. Was im Endeffekt dazu führte das ich beim dritten Wochenende meine Spielfigur einmal nicht zurückzog und sie von der Räubern Nr. 53,57 und 61 gemeuchelt wurde. Das war dann schon in den 80iger Jahren. Von dem Zeitpunkt an konzentrierte ich mich lieber auf Traveller.
Teil Fünf
Rollenspiel in Olivgrün
1980 kam das Abitur und kurze Zeit später die Bundeswehr. Damals, mitten im kalten Krieg, unter noch etwas anderen Umständen als heute, 40 Jahre später.
Auch hier spielte das Rollenspiel eine wichtige Rolle.
An meinem zweiten Tag in der Grundausbildung führte der Zugführer, ein Oberleutnant, mit jedem der Rekruten ein Gespräch um uns besser kennenzulernen.
Unser Gespräch lief allerdings etwas anders als erwartet. Auf seine Frage nach meinen Hobbies erzählte ich ihm von Rollenspielen, Cosima, und er grinste.
“Kennen sie Squad Leader?”
“Ja”
“Haben Sie was dabei?”
“Ja”
“Zeigen Sie mal…”
Ich hatte zufällig eine paar SPI Tütenspiele dabei, Wargames ohne Box die als Briefe an Kunden versandt wurden. Kurz gesagt, dies war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Ein paar Monate später, mittlerweile Gefreiter, entschied ich mich auf zwei Jahre zu Verlängern, DM 1400 im Monat statt DM 240 war einfach zu verlockend. An einem Freitagnachmittag, kurz vor Dienstschluss rief mich der Spieß zu sich, und fragte ob ich Interesse hätte die Unteroffizierslaufbahn einzuschlagen. Da man dem Spieß gegenüber besser nicht “Nein” sagt, war seine Antwort, “Prima dann gehen Sie am Montag auf Lehrgang!”
Jetzt kommt der Rollenspiel Teil. Auf dem Lehrgang stellte ich zu meiner Freude fest das mein Zugführer wieder der Oberleutnant aus der Grundausbildung war, und sämtliche anderen Offiziere in der Einheit SF oder Fantasy Fans waren. Dies führte zur ungewöhnlichsten Phase meines Lebens.
Wer schon mal die UA Vorausbildung gemacht hat, weiß das dass kein Zuckerschlecken ist. In meinem Fall war es auch noch die Jägerausbildung, die größtenteils unterhalb der Grasnarbe stattfindet. Auf gut Deutsch, wir wurden geschliffen bis zum Umfallen. Allerdings war ich auch nie in meinem Leben wieder so fit wie damals.
Der surreale Teil begann aber nach Dienstschluss, wenn ich mit den Offizieren der Einheit Traveller spielte. Während ich am Tag durch Schafscheisse gerobbt war, durfte ich am Abend den SL geben, und meine Vorgesetzten zumindest in unserer Phantasie ähnliches erleben lassen. Es war schlicht und einfach surreal.
Wir blieben dann nach dem Lehrgang bis zum Ende meiner Dienstzeit gute Freunde und spielten mindestens einmal im Monat Traveller.
Was aber viel bedeutender war, war die Tatsache, das Dieter (der OL) schon damals 1981 einen Apple II sein eigen nannte und darauf eine Raumpatrouille Version von Super Star Trek geschrieben hatte. Das sollte mein Leben entscheidend verändern.
Teil Sechs
Computer
1981 habe ich mir meinen ersten Computer gekauft, einen SHARP MZ-80K mit sagenhaften 48KB Speicher und 2Mhz Prozessorgeschwindigkeit. Ich hab mir dann selbst BASIC beigebracht und angefangen Design Sequenzen zu programmieren. Traveller war dafür perfekt geeignet, angefangen von Charaktererschaffung über Raumschiffbau bis hin zur Ausarbeitung ganzer Welten.
Einige dieser Programme, entwickle ich heute noch weiter, wie z.B. Explanator mit einer Datenbasis von mehr als 15.000 Welten.
https://peterssoftwareprojects.com/2018/…/19/explanator-nsf/
Meine Rollenspiel Karriere wäre fast zu Ende gewesen wenn ich nicht durch reinen Zufall 1985 auf den Fantastic Shop und Werner Fuchs gestoßen wäre. Damals war gerade das erste Traveller Regelbuch auf Deutsch erschienen, und ich wurde bald zum Stammgast im Shop. Jeden Samstagmorgen habe ich Werner zu Hause abgeholt (Erkrath) und nach Düsseldorf gefahren. Bei einer dieser Fahrten hätte ich fast mein Auto geschrottet, weil Werner darauf bestand mir “Abenteuer im Überbau” vorzulesen. Wer Friedhelm Frunz und seine tollen Jungs von der galaktischen Raumpatrouille noch nicht kennt sollte sich über ihn, seinen Bungerlo und die Westflügelcharts informieren. Upps, Google erklärt mir gerade das das gar nicht so einfach ist. Also die Story ist eine Art Rache der Herausgeber der 70iger Jahre an den SF Fans dieser Zeit. Sie besteht zum Teil aus Original Leserbriefen eingebettet in eine haarsträubende Handlung, die von der Leserkontakt Seite einer bekannten SF Serie über Umwege ins Irrenhaus führt.
http://www.zeitreisender.net/…/ull…/ullstein_2000_31052.html
Fast Forward. Nach einiger Zeit bei FanPro und später Welt der Spiele konnte ich dann in den 90ern meinen eigenen Rollenspielladen in Siegen aufmachen, später schrieb ich für FanPro Operation Eastside, d.h. ich schrieb das Grundregelwerk das dann als Computerspiel umgesetzt wurde.
https://peterssoftwareprojects.com/perry-rhodan/
Heute sind meine Interessen zu ungleichen Teilen zwischen Traveller, Harnmaster und GURPS aufgeteilt, für alle diese Systeme findet ihr freie Software auf meiner Webseite.
https://peterssoftwareprojects.com/
Teil Sieben
In den Neunzigern hatte ich bei FanPro und Welt der Spiele genügend Erfahrung im Handel gesammelt um meinen eigenen Laden aufzumachen. Was ganz klein auf 20 qm anfing, wuchs dann, erstreckte sich über Computerspiele, Star Trek Merchandise und allerlei Krimskrams wie Pocket Dragons und so weiter.
Die berechtigte Frage ist jetzt: Warum gibt es den Laden heute nicht mehr?
Und die korrekte Antwort lautet: Magic the Gathering.
Am Anfang war es wie ein Traum. Meine Frau und ich haben den Laden aufgebaut, eine Stammkundschaft geschaffen und es schien als würde es ewig so weitergehen. Meine Spielesammlung wuchs und gedieh, ich habe heute immer noch die zweitgrößte Traveller Sammlung in Europa, möglicherweise sogar weltweit.
Dann kam Magic. Zuerst war es traumhaft, wir konnten gar nicht genug organisieren, der Bedarf war weit größer als der Großhandel liefern konnte. Aber das Ganze hatte einen Pferdefuß der erst nach einiger Zeit sichtbar wurde.
Wenn ein Kunde, meist Kids, Schüler, das Geld für Magic Karten ausgegeben hatten, blieb nichts mehr für Rollenspielmaterial übrig. Wenn ein Kunde mit 20 Mark in den Laden kam, mit dem festen Vorsatz ein Abenteuer zu kaufen, wurde trotzdem erstmal ein Päckchen Karten gekauft. Und da war dann eine seltene Karte drin. Also noch ein Päckchen und noch eins und das Geld war alle. Kein Abenteuer.
Irgendwann merkten das auch die Hersteller. Als GDW (Traveller) 1995 seine Pforten schloss, war es absehbar. Alle alten Hersteller hatten massive Probleme, schlossen ganz oder fuhren alles auf ein Minimum zurück. Magic Karten gab es nun auch im normalen Kaufhaus, und was Computerspiele anging, so war gegen Media Markt und Saturn nicht mehr anzukommen.
Lange her.
Mittlerweile hat sich Dank Internet und PDF die Situation völlig geändert, dank DTRPG ist fast alles was es jemals gegeben hat wieder zu haben und die alten Systeme sind zu neuem Leben erwacht, aber die späten 90er waren eine wahrhaft üble Zeit.
Teil 8
DSA und D&D in Deutschland
Da ich das bisher ausgelassen hatte, hier noch ein paar Worte zur Entstehung von DSA und eine Erklärung warum es so erfolgreich wurde.
Werner Fuchs ist wahrscheinlich von all denen die damals in der Spielebranche tätig waren der weitsichtigste gewesen. Er spielte und sammelte schon in den siebziger Jahren Kosims (Konflikt Simulation) und war einer der wenigen denen die Bedeutung des Rollenspiels Konzepts von Anfang an klar war.
Platzhirsch am weltweiten Markt (wenn auch immer noch vergleichsweise winzig) war damals D&D von TSR (Tactical Studies Rules) in Fankreisen aber auch als (They Sue Regularly) bekannt.
Werner war damals Lektor und Herausgeber bei Droemer-Knaur (wo er unter anderem schon den frühen George R.R. Martin platziert hatte) und es gelang ihm, dem Verlag, sowie dem Hersteller Schmidt-Spiele eine deutsche Übersetzung von D&D schmackhaft zu machen. Als Übersetzer der Regeln ins Deutsche waren er und Uli Kiesow vorgesehen.
Was allerdings zu diesem Zeitpunkt niemand erwartet hatte, war die simple Tatsache dass die Konkurrenz nicht schlief, und ASS Altenburger (Altenburger und Stralsunder Spielkartenfabrik) ihnen die Rechte vor der Nase wegschnappten.
Somit war der Plan mit D&D erstmal gescheitert, was aber niemanden abschreckte, denn es gab ja auch noch andere Rollenspielsysteme, wie z.B. Tunnels & Trolls von Flying Buffalo.
Anstatt also D&D zu übersetzen nahm man T&T als Grundlage, fügte einige deutsche Knüttelreime hinzu und nannte das Ganze “Das schwarze Auge”.
Nur um jetzt keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. DSA ist keine T&T Kopie. Aber um es mal anders auszudrücken: Es gab 1983 genau 4 Fantasy Rollenspielsysteme, D&D, Empires of the pedal throne (EPT), Runequest und Tunnels & Trolls. Da alle auch nur mit Wasser kochen, wurden zwangsläufig Anleihen bei existierenden Systemen gemacht. Ulli und Werner spielten halt privat Tunnels & Trolls, also hatte das auch den größten Einfluss auf die ersten DSA Regeln. Genauso könnte man sagen das Midgard und AiM EPT Klone sind, weil beide Systeme aus einer EPT Kampagne hervorgegangen sind.
Interessant ist hierbei allerdings eher die Frage wieso DSA so erfolgreich wurde, während der Platzhirsch D&D in Deutschland im direkten Vergleich eher dahin dümpelte.
Die Antwort liegt im Vertriebssystem des deutschen Einzelhandels der 80iger Jahre.
Die meisten Spiele wurden in dieser Zeit über die VEDES sowie über die großen Kaufhausketten wie z.B. Karstadt oder Kaufhof verkauft. Um dort verkauft zu werden musste man als Hersteller gelistet sein. So war es z.B. bei Karstadt so, das man ein Produkt vor der einmal im Jahr stattfindenden Einkäufer Konferenz vorstellen musste, die es dann abgesegnet hat oder nicht. Ich habe in den 90ern selbst mal an sowas teilgenommen, und die Produkte von Thrustmaster vorgestellt.
Wenn man allerdings als Hersteller bereits gelistet ist, hat man automatisch Regalraum zur Verfügung in den man seine Produkte einstellen kann. Im Fachdeutsch nennt man sowas “Rack Jobber”, wo ein externes Unternehmen in einer Filiale die eigenen Produkte in zugeteilte Regale einräumt, d.h. man bekommt eine bestimmte Meteranzahl, für die man ordentlich bezahlt, die man dann aber nach eigenem Gutdünken nutzen kann. Und wenn die Kasse stimmt, ist es egal welches Produkt das ist.
Natürlich ist der Raum in diesen Regalen begrenzt, und meist auch nach Produktgruppen aufgeteilt. Wenn man jetzt also, wie Schmidt Spiele, hauptsächlich Boxen wie z.B. Puzzles oder Brettspiele vertreibt, dann hat man entsprechend hohe Regalfächer um die Produkte einzustellen, ideal für Spielboxen und Abenteuer. Wenn man aber ein Hersteller von Spielkarten ist, wie ASS, dann wird es schwierig Boxen einzustellen, weil man einfach den Raum nicht hat. Natürlich lässt sich da überall was machen, aber Schmidt hatte einfach einen strategischen Vorteil in dem Bereich, den sie auch nicht verlieren würden.
Somit standen also ab 1984 in den meisten deutschen Spielzeuggeschäften DSA Boxen in den Regalen und wurden dann langsam aber sicher immer erfolgreicher.
Wenn man sich dazu die Spiellandschaft der 80er ansieht dann sind Rollenspielläden extrem dünn gesät. Meist (wenn überhaupt) nur in Großstädten und dann eher zentrumsfern wegen der hohen Ladenmieten. So lässt sich die Zahl der Geschäfte in den 80ern noch an den Fingern abzählen. Es wurden dann zwar immer mehr, aber im Vergleich zur Marktmacht von Vedes und Karstadt völlig unbedeutend.
Wenn also jetzt jemand von Rollenspielen gehört hatte und sich auf die Suche machte, fand er oder sie im Heimatort mit hoher Wahrscheinlichkeit DSA, eventuell D&D und sonst Garnichts. Deswegen hat sich DSA so schnell und massiv durchgesetzt.